Nationalitätenpolitik, Leningrader Affaire und paranoider Verfolgungswahn

Genossen! Beschäftigen wir uns mit einigen anderen Tatsachen. Die Sowjetunion wird zu Recht als Muster eines multinationalen Staates angesehen, denn bei uns wurden in der Praxis Gleichheit und Freundschaft aller Völker gewährleistet, die unsere große Heimat bewohnen.
Um so ungeheuerlicher sind die Aktionen, deren Initiator Stalin war und die eine brutale Vergewaltigung der grundlegenden Leninschen Prinzien waren. Die Rede ist von der Massenumsiedlung ganzer Völker aus ihren heimatlichen Orten…1

Wir schreiben, da ich diese Analyse fertige, das Jahr 2016, 60 Jahre nach der Chruschtschow-Rede. Und sehen, wie verschiedene Länder zerrissen werden, im wesentlichen durch Einwirkungen von außen und im wesentliche unter Leugnung dieser Einwirkungen. Und viele der Rißstellen durch diese Länder verlaufen entlang der Siedlungsgrenzen der Nationalitäten. In der Ukraine geht ein tiefer Riß zwischen den Ukrainern im Westen und den Russen im Osten. Ohne daß hier, wie sonst üblich, von der Propaganda Religionsdifferenzen erzählt wird. In Syrien wird derzeit die territoriale Integrität auch von Kurden und Türken und Turkmenen angegriffen bzw. mit deren Hilfe.

Bis 1941 hatten die Hitleristen mehrfach gegen Nachbarstaaten die nationale Karte ausgespielt: 1935 wurde mit dieser das Saarland „heim ins Reich“ geholt. 1938 waren es die Sudeten. Beides mit Hilfe der aggressivsten, schreiensten Deutschtumsappelle, geheim ausgegeben über die Organisations- und Befehlsstrukturen der Nsdap und der Geheimdienste, offen über den goebbelschen Reichsrund­funk und die „Führer“-Reden. 1938 wurde Österreich angeschlossen mittels der Proklamierung, auch sie seien Deutsche; die „Wiedervereinigung“ stand damals ebenso in der Verfassung von Weimar wie ab 1949 im provunG2. Der Eroberungs-Krieg gegen Polen wurde mit Hilfe der Danzig-Deutschen und vieler anderer vom Zaun gebrochen. Als die Sowjetunion auf Grund der Zerstörung des polnischen Staats durch die deutsche Wehrmacht und mit Hilfe der vertraglichen Vereinbarungen von 1939 die Anfang der 1920er durch Polen und Rumänien, und zwar mit Hilfe der Deutschen okkupierten Gebiete zurückerhielt, sah man ein weiteres Mal, wie wichtig es den meisten Menschen deutscher Nationalität in Bessarabien und anderswo war, zu ihrem „Führer“ „heim ins Reich“ zu finden. Wie mit „deutschem Blut“ oder jüdischem (was immer das jeweils ist) in der Sowjetunion Geborene auch in den 1990ern.

Übrigens: Die Deutschen, die Jahrhunderte lang an der Wolga oder in Siebenbürgen ihre Sprache, Kultur, Bräuche beibehalten haben, taten nichts anderes, als Antisemiten den Juden vorgeworfen haben und man heute verschiedenen Bewohner-Gruppen der Brd vorwirft: Sie haben sich nicht assimiliert. Diese Gemeinsamkeit darf öffentlich nicht reflektiert werden, und schon gar nicht darf auch nur gefragt werden, warum Menschen, die Jahrhunderte lang in etlichen Generationen außerhalb des deutschen Staatsverbands lebten, als Deutsche (im Sinne des Grundgesetzes) zu gelten haben und nicht als Bürger der Staaten, in denen sie lebten? Und warum es bei den Deutschen auch heute noch als etwas Positives erzählt zu werden hat, über die Juden aber unter Adolf nicht durfte und wider andere heute wieder nicht erzählt werden darf. Und wie schon die Hitleristen sich an diesem Widerspruch schon deshalb nicht störten, weil er gar nicht erst erwähnt werden durfte, so funktioniert auch die Brd-Propaganda – insbesondere wenn es gegen die DDR und ihre Bürger geht – ebenso „logisch“. Eine Invariante arische Politik und Propaganda.

Wie dumm sollten die sowjetischen Führer nach dem Überfall der Wehrmacht und ihrer Kollaborateure, unter ihnen Österreicher, Ungarn, Rumänen, sein, um nicht die Gefahr zu sehen, daß die eine oder andere Völkerschaft an den Rändern des Riesenlands sich korrumpieren läßt, von welcher ausländischen Macht auch immer? Die Deutschen waren ja nicht die einzigen, die die Schwäche des Staats haben ausnutzen wollen, sich einen Teil aus dem Riesenland herauszureißen. Wie mit dem Einmarsch der Wehrmacht 1939 in Prag sich auch das Polen Piłsudskis mit seinem Stück Tschechien als Beute belohnte, was allerdings fast immer „vergessen“ wird, wenn das heutige offizielle Polen sich selbst als Opfer von 1939 bis 1989 erklärt. Und auch ihre deutschen Spießgesellen schweigen über Fakten, Motive und Fehlkalkulation damaliger Politik. Die Zeit nach dem Ende der Sowjetunion bestätigt eine solche, den sowjetischen Deutschen gegenüber kritische oder wenigstens vorsichtige, vorsorgliche Sichtweise ein weiteres Mal. Ob es nun islamistische Bekehrer und Kriegswerber waren und sind oder die Bereitschaft des georgischen Staats auf Dollar-Basis Krieg gegen die russische Föderation zu führen.

Von dem schlimmen Haß vieler Ukrainer gegen die slawischen Brüder im Norden und Osten hier gar nicht erst auszuführen. Wir sehen heute und im nachhinein, wie die Völker der Sowjetunion auseinanderdividiert und zum Teil gegeneinander gehetzt wurden, insbesondere seit dem Ende der Sowjetunion. Wobei diese Differenzen vor allem dadurch überhaupt zustande kamen, daß die einen gegen die anderen ausgespielt werden auf Grund der nationalen Besonderheiten oder Zuschreibungen. Vor dem Hintergrund der Tatsache, daß die antirussischen Teilungs- und Eroberungspläne der westeuropäischen Eroberungs-Staaten, vor allem hinsichtlich der Ukraine, nicht erst ab 1917 geschmiedet wurden, sondern schon mindestens aus dem 19 Jahrhundert stammen. Diese Raub-Plan- und Durchführungs-Gemeinheiten waren sehr konkret und nachweisbar der sowjetischen Nationalitätenpolitik der 1920er und 1930er Jahre entgegengesetzt, an der wiederum der Stählernen einen wesentlichen Anteil hatte. Die einen werden belohnt und gelockt. Die anderen denunziert und abgewertet. Und ausgeschlossen von den Lockangeboten. Damals der Hitleristen, seit den 1990ern des Westens. Und immer verlogen: Denn die Gelockten, die sich benutzen ließen, bekamen bis auf einige Marionetten-Politiker und vielleicht Glückspilze nie, was ihnen die Teiler und Herrscher zuvor versprochen hatten. Wie auch die Dresdner Pegidisten, die ab Mitte der 2010er Jahre gegen das Besatzungs-Regime demonstrativ rebellieren und von denen etliche 1990 dem Kohl zugejubelt haben müssen wie 1938 österreichische Nazi-Tussen und Nazi-Idioten-Männer ihrem „Führer“ Adolf in Wien zugejubelt hatten.

Warum sollte Ähnliches wie bis 1941 nicht auch später möglich sein? Und ist dieses Ähnliche nicht auch eingegangen in die notierte Geschichte? Waren nicht schon 1941 und 1942 viele Ukrainer anfällig genug für faschistisches Gedankengut und geneigt, mit den Deutschen zu kollaborieren? Warum auch immer. Die Deutschen nannten diese Ukrainer Hiwis – Hilfswillige. Wie es seit Ende 2013 wieder so offen russophob und offen militärisch-mörderisch zugeht in Kiew und Lwiw und anderswo. Und warum hätten die sowjetischen Führer, auch Ukrainer, die diesbezüglichen Signale aus Zentraleuropa ignorieren sollen? Die Erzählweise Chruschtschows, selbst Ukrainer, trägt auch hierin weiterhin Früchte: Im Februar 2016 berichtete das deutsche Lügenfernsehen begeistert davon, daß der Ukrainische Schlager für den nächsten Eu-Wettbewerb eine Propaganda-Nummer über die „Deportation“ der Krim-Tschetschenen durch Stalin3 sei.

Nach Beendigung des Vaterländischen Krieges gedachte das Volk voller Stolz seiner glänzenden Siege, die mit großen Opfern und unermeßlichen Anstrengungen errungen wurden. Das Land durchlebte eine Phase des politischen Enthusiasmus. Die Partei ging aus dem Krieg noch geschlossener hervor, die Parteikader wurden im Feuer des Krieges gestählt. Unter diesen Bedingungen hätte wohl nicht einmal der Gedanke an die Möglichkeit irgend einer Verschwörung in der Partei bei irgend jemandem aufkommen können.
Und eben zu dieser Zeit kommt plötzlich die sogenannte Leningrader Affaire auf.4
Die Tatsachen beweisen, daß auch die 'Leningrader Affaire' ein Ergebnis der Willkür war, die Stalin gegenüber den Parteikadern ausübte.5
Man muß feststellen, daß sich diese Situation nach dem Krieg noch mehr komplizierte. Stalin wurde noch launenhafter, gereizter, brutaler, insbesondere wuchs sein Argwohn.“6

Auch zu dieser „Affaire“ kann man sich bei den anderen Autoren und via Internat alternativ informieren. Ich will hier wiederum nicht das Für und Wieder der einzelnen, mühsam der Vergessenheit entrissenen Fakten und Argumentationen referieren, sondern wiederum die einzelnen Behauptungen zum Selberdenken freigeben: Warum sollte so etwas wie eine Verschwörung a priori unmöglich gewesen sein? Und wurde die Situation rasch nach diesem epochalen Sieg der Roten Armee und der Völker des Ostens nicht tatsächlich komplizierter? Nämlich durch Ausrufung und Beginn, des Rollback des Sozialismus und dem sogenannten kalten Krieg? Also indem die Eben-noch-Alliierten gegen Hitler, mit dessen Generalen und Offizieren und Beamten und SS-Massenmördern und SS-Wirtschaftsführern ein Bündnis eingingen gegen die Sowjetunion? Die berüchtigte Fultoner Rede hielt Churchill schon Anfang 1946. Und ist es nicht naheliegend, daß sich Differenzen darüber entwickelten, wie man der Rollback-Strategie der Amis und Engländer begegnen sollte? Und wird hier nicht, wie es auch heute noch gegen die DDR und die anderen Vernichtungs-Feinden gang und gäbe ist, so getan, als sei die Kompliziertheit der Lage das Ergebnis der psychischen Mängel des Stählernen, und als seien gefühlte Gefahren oder Gefährdungsgefühle eine Dysfunktion der sie Fühlenden, anstatt sie angemessener- und realistischerweise als angemessenen Ausdruck einer realen Situation zu beschreiben?

Den unerhörten Argwohn Stalins nutzte geschickt der elende Provokateur, der schäbige Feind Berija aus, der Tausende Kommunisten, ehrliche Sowjetbürger ermorden ließ. Die Beför­derung Wosnessenskis und Kusnezows erschreckte Berija. Wie heute festgestellt werden kann, hat eben Berija gemeinsam mit seinen Untergebenen Materialien in Gestalt von Erklärungen und anonymen Briefen, in der Form von verschiedenen Gerüchten und Gesprächen konstruiert und Stalin 'untergeschoben'...
Sofort, nachdem Stalin von Berija und Abakumow bestimmte Materialien erhalten hatte, befahl er schon, den 'Fall' Wosnessenski und Kusnezow zu untersuchen, ohne in das Wesen der Fälschungen einzudringen. Damit war ihr Schicksal schon vorherbestimmt…7

Der Stählerne wird hier also schuldig gesprochen, weil er aufgrund der Bekanntgabe einer Verdächtigung und Beschuldigung zweier Funktionäre ihm gegenüber, die Untersuchung anordnete, und zwar durch die dafür Zuständigen. Er ist also seinen Pflichten als staatlicher Leiter nachgekommen, wird tatsächlich und faktisch erzählt. Seine „Schuld“ besteht gemäß diesem Erzählmodus lediglich darin, daß er die vermeintliche Fälschung nicht und nicht sofort durchschaut hat, daß er also betrogen wurde. Seine Verantwortung wahrgenommen zu haben, (angeblich!) betrogen worden zu sein, wird hier als Schuld verkauft.

Kleiner Einschub in Richtung der 1990er Jahre: Diese „Schuld“-„Logik“ wurde gegen DDR-Handwerker ab 1990 durch das menschen- und völkerrechtswidrige Anschlußregime der Brd-Arier analog praktiziert. DDR-Handwerker – etliche von ihnen waren ab Ende 1989, zum Teil schon vorher innerlich mit fliegenden Fahnen zu den Besatzern übergelaufen, den Versprechungen der Anschlußpropaganda glaubend – landeten im Knast, nur weil sie die Sozialabgaben für ihre Angestellten nicht mehr zahlten, und zwar weil sie es nicht konnten, und zwar weil sie von betrügerischen Auftraggebern aus dem Westen, massiv ab ca. 1994, um ihren Handwerkerlohn betrogen worden waren.

Der endlich, Anfang der 1990er eingegangene Großauftrag mußte bankfinanziert werden, da Handwerker ja nicht nur die Arbeitszeit und -kraft vorfinanzieren müssen, sondern auch die Materialbeschaffung. Indem die betrügerischen Auftraggeber, dann die Zahlungen verweigerten, was zigtausendfach so von vornherein geplant worden war, konnten die Handwerker, die einen später, die anderen früher, nun weder die Banken bedienen, noch die Löhne zahlen, noch die Abgaben an den Staat. Damit gehörte der Bank schon fast die „bankübliche Sicherheit“. Das ererbte Haus, der Hof, die Firma, sämtliche Kontorestguthaben. Und zwar bis ans Lebensende, von den gesetzlichen Selbstbehalten abgesehen. Die Nichtzahlung an den Staat wurde aber nicht als eine x-beliebige Verschuldung gewertet wie die Nichtzahlung des Westlers an den Handwerker, sondern als Straftat. Und von den West-Schwarzkutten nun mit den Strafgesetzen geahndet. Während der offensichtliche Betrug der betrügerischen Westauftraggeber nicht nur kein Betrug war, sondern – nichts.

Die DDRler wurden von Besatzer-Schwarzkutten in der Funktion von Richtern, sämtlich kriminelles Pack, abgeurteilt; es ist nicht ein einziger Fall bekannt geworden, daß einer dieser „Richter“ sich geweigert hätte, dergleichen Abstrafungen vorzunehmen, die im übrigen ruinös waren, da Handwerker vom Knast aus ihre Handwerksbetriebe schlecht leiten konnten im Gegensatz zu Mafia-Bossen und anderen Milliarden-Steuerbetrügern. Die ihre Geschäfte auch vom Knast aus führen können, wie man immer mal wieder lernt. Wie auch Adolf Hitler aus der Festungshaft der „Führer“ seiner Kumpane bliebt.

Keiner hat die tatsächliche Unschuld des DDR-Handwerkers festgestellt, da die Verursachung der Nichtzahlung ja im Betrug des Westlers bestand. Der berüchtigste Fall war der „Investor“ Schneider, der angebliche Erbauer Leipzigs in den 1990ern, der DDR-Handwerksbetriebe, wie damals bekannt gegeben worden war, auf Rechnungen im Wert von 50 Mio DM sitzen ließ. Wie viele der Gläubiger sich aufgehängt, totgesoffen oder in eine Depression gestrampelt haben bei dem Versuch, da wieder herauszukommen, hat die „freiheitliche“ Lügenpresse nie interessiert; Schneider hingegen gilt ihnen heute noch als Herr und interessanter Mensch. Letztlich war er für die Deutsche Bank eine Art Rekonstruktions-Leistungen-Trüffelschwein, indem sich die Deutsche Bank auf diese Weise der „Investition“ Handwerkerleistungen im Wert von 50 Mio DM für Nasse angeeignet hat, also ohne dafür auch nur eine Peanut zu zahlen. Wie der Bankchef das damals, die DDR-Handwerker verhöhnend nannte.

Es handelte sich tatsächlich um ein betrügerisches Finanzierungsmodell: Man schickt einen „selbständigen“ „Investor“ vor, den es ohne die Total-Finanzierung der Deutschen Bank gar nicht gegeben hätte, der schließt mit vielen, vielen Handwerksbetrieben Verträge ab, und die Deutsche Bank muß die Handwerkerleistungen nicht bezahlen, da

1. die DDR-Handwerker ab 1990 als Teil der kolonialisierte Bevölkerung die selben Rechte haben wie die Juden unter Adolf Hitler, da ab 1933 im Deutschen Reich Juden auch nicht mehr bezahlt werden mußten, und

2. den Volkern ein Schmierentheater aufgeführt wurde mittels bankenkumpaniger und -höriger Medien und Politniks. Die Theatervorführung erzählte, der „Investor“ habe die Bank betrogen. Und da der „Investor“ und die Bank angeblich sogenannte juristische Personen8 waren, und zwar nicht identische, müsse die Bank nun die in den Immobilien steckenden Planungs- und Arbeitsleistungen sowie die eingebrachten Materialien nicht zahlen. Tatsächlich hat die Bank die Handwerker betrogen mittels eines vorgeschickten Schauspielers, der den Investor gab. Tatsächlich hat der gar nicht investiert, vielmehr war das Geld der Bank die Basis des Betrugs: Ohne den Erwerb der Immobilien keine Grundlage, die Handwerkerleistungen abzurufen. Was dieser Einschub hier soll? Ganz einfach: Zeigen, daß und wie der Anti-„Stalinismus“ in seiner jeweils aktuellen Ausprägung und der Imperialismus in seiner jeweils aktuellen Ausprägung einander bedingen. Auf der Meta-Ebene wie in der Mikro-Ökonomie und -Propaganda. Seien es die Begriffe bzw. Pseudobegriffe, seien es die „Beweis“-Führungen, sei es die Fähigkeit, den Betrug dort zu sehen, wo er ist, und nicht dort wo Lügner ihn vorspiegeln.

Zurück zum Jahr 1956. Wir sehen ebenfalls die Überredungs-Technik, dem Stählernen alles mögliche Negative anzuhängen, anzudichten, zuzuschreiben, die von Chruschtschow doch konstatierten „glänzenden Siege“ aber scheinen zunächst vom Himmel gefallen. Und wenn doch menschliche Verwirklicher genannt werden sollen, dann waren es das Volk, dann waren es die Marschälle; alle Marschälle hatten ihren positiven Anteil, nur einer nicht, dem hingegen werden sämtlich die Niederlagen und Katastrophen zugeordnet. Und noch einmal die Analogie zum Heute:

Die SED, Honecker, die „Stasi“ werden, gemäß des heutigen Erzählmodus wider die DDR, mit einer analogen Bilanz erzählt. Alles war Scheiße, marode, nichts hat funktioniert (und doch 40 Jahre gehalten!), die SED hat immer gelogen9 und alles falsch gemacht. Gelegentlich doch positiv Staatgehabtes dürfen sich Privilegierte, selten Zu­fallspublikum gelegentlich eines entsprechenden Gesprächszeige-Themas ans Revers heften, aber doch weit überwiegend als im Widerstand gegen die DDR erzählte Vorzeige-Ex-“Bürgerrechtler“. Die selbstverständlich nie „Vorzeige“ heißen und nur selten „Ex-“ oder „ehemalige“. Womit bei Bedarf der Volker entlastet wird von seiner Mitschuld am Regime, die 1990 allerdings generalisierend ausgegeben worden war. Mit Ausnahme der anerkannten alten Kämpfer und der angeblichen Opfer. Erste weit überwiegend Jesusfundamentalisten, viele der letzteren Nazis, die man aber mit der falschen Synonymisierung aus dem Bewußtsein der Volker verschwinden machte, insbesondere wenn es um die Haft- und sonstigen Strafverfolgungs-Entschädigungen und Opferrenten ging; es sollte nicht bemerkt werden, daß die Finanzierung und Aufrüstung der Nazis gegen das kolonisierte DDR-Volk staatsoffiziell, neben den verdeckten Geldflüssen über die Geheimdienste parlamentsgestützt und derart massiv erfolgte, nämlich über eben diese „Opfer“- und „Entschädigungs“-Zahlungen. Das Diskussionsinteresse wir dabei clevererweise auf die geheimdienstlichen Geldflüsse gelenkt, weil man die zwar prima diskutieren, aber doch nicht journalistisch aufklären kann. Die offiziellen Geldströme in die Naziszene, die zudem um Größenordnungen größer sind als die V-Mann-Gehälter und „Aufwandsentschädigungen“, könnte man gut aufklären, deshalb sind sie nicht zum Diskurs freigegeben. Welcher Schaden Verirrt-Verwirrte genommen haben, indem die DDR ihre Nazifizierung womöglich verlangsamte oder den einen oder anderen mittels Strafe vielleicht sogar ganz davon abbrachte, darf nicht erklärt oder auch nur erwogen werden. Wie bekanntlich 1933 die aus den Gefängnissen befreiten Nazis ebenfalls dem Weimarer „System“ und seinen Funktionären und auch denen, die diese gewählt hatten, auf die Rechnung gesetzt wurden. Nicht nur propagandistisch, sondern auch mittels Strafverfolgung, Prügel und KZ. Allerdings saßen bis Anfang 1933 trotz der vielen Nazi-Morde im Deutschen Reich, vor allem an Kommunisten, und anderen Schwerstverbrechen weniger Nazis in den Knasts als in denen der DDR10.

Mir geht es mit dieser Analyse vor allem um die Argumente und Erzählweise, die jeder halbwegs Gebildete, ob Sowjetbürger, Russe, DDR-Bürger, Westdeutscher, sonstiger Westeuropäer, egal ob 1956 oder heute, als unfair, falsch, blöd, verlogen usw. erkennen können müßte. Eigentlich. Und doch konnten und können es Millionen nicht. Und so werden auch schon im Chruschtschow-Text aus Umsiedlungen 'Deportationen', weil dies die Vokabel ist, die so untrennbar mit den Naziverbrechen verbunden ist. Während in der westdeutschen Herrschaftssprache die objektiv notwendigen Umsiedlungen von Deutschen nach dem 9.5.1945 gemäß der alliierten Beschlüsse unter „Flucht und Vertreibung“ subsumiert werden und die Verwendung des völkerrechtlich exakten Terminus, nämlich 'Umsiedlung', allerhöchst tabuisiert ist. Kein westdeutscher Propaganda-Heini würde auf die Idee kommen, die Entfernung von Berlinern während des Bombenkriegs als Deportation zu bezeichnen. Diese werden Landverschickung oder Evakuierung genannt. Also mit Wörtern bezeichnet, die die Nazis selbst verwendet haben. Obwohl der Wortsinn von 'Deportation' zutrefffend ist. Es ist aber eben so stark konnotiert mit den Naziverbrechen und klingt also schlecht. Da diese Analyse aber auf der deutschen Ausgabe basiert, bleibt fraglich, ob Chruschtschow so blöd war, selbst diese Deportationen-Analogie auszusprechen oder ob ein anderes russisches Wort von den deutschen Nazi-Nachplapperern genauso automatisch falsch übersetzt wurde, wie der englische oder französische 'employer' per Übersetzung immer und automatisch falsch zu einem Arbeitgeber wird.

Und auch der Erzählmodus der „Leningrader Affaire“ ist wiederum wie aus Absurdistan. Und gehört also, im Unterschied zur Globus-Story zu den tradierten Elementen des antistalinschen Gruselmärchens des Nikita Sergejewitsch bis heute. Hierzu, also den Diskurs betreffend der heute ermittelbaren Fakten, empfehle ich ein weiteres Mal die eingangs genannten Autoren, insbesondere Furr, der beiden Themen jeweils einen kurzen Abschnitt widmet und – dem chruschtschowschen Denunziationsstil entgegen, also konträr zum heutigen Propaganda-Standard - der Umsiedlung der Krimtartaren auch wesentliche positive Aspekte abgewinnen kann, der aber insbesondere die Behauptung zurückweist, das habe mit Krieg und Kriegsverlauf nichts zu tun.

Er verweist u.a. darauf, daß von den ca. 22.000 wehrpflichtigen krimtartarischen Sowjetbürgern etwa 20.000 von der Roten Armee desertiert seien, von denen bis 1944 wiederum etwa 20.000 auf Seiten der Deutschen gegen die Rote Armee und also gegen ihre Landsleute kämpften11. Also alle Deserteure. Ein Fakt, der für den 1956er Redner eigentlich erreichbar hätte sein müssen. Wie auch Tausende Ukrainer Anfang der 1940er, was seit dem Kiewer Putsch der Nato von 2014 und dem faschistischen Bekenntnis der Putschmilizen wieder millionenfach ins Bewußtsein gelangte. Nicht zuletzt weil wieder Ukrainer gegen ihre slawischen Brüder, die Russen, Krieg führen. Auch wenn das so ziemlich entgegengesetzt erzählt wird: Die Kiewer Putsch-Separatisten heißen 'gute Leute', die, die ihre demokratischen Rechte auf Selbstverteidigung gegen eine illegale Herrschaft wahrnehmen, heißen 'Seperatisten'.

Wie wir an dem Zitat aus der Rede sehen, beschuldigt der Redner Stalin, indem er ihn als Opfer darstellt: „der elende Provokateur, der schäbige Feind Berija“ unternimmt seinen Betrug zudem „geschickt“, nicht etwa plump und allzu offenkundig, daß man an eine Mitwisserschaft oder fahrlässige oder grob fahrlässige Pflichtverletzung des Stählernen denken müßte. Wenn im Fall der Abgasbetrugssoftware von VW im Jahre 2016 behauptet wird, daß die Aufsichtsratsmitglieder von den Manipulationen nichts gewußt hätten, dann gelten nicht nur sie, dann ist der ganze Konzern entlastet. Bei Stalin ist es genau umgekehrt: Er wußte nichts davon, denn der böse Berija habe ihn getäuscht, also ist er schuldig.

Gleichzeitig mit diesem schwerstwiegenden Betrug an ihm, da er als auf diesen Hereingefallener erzählt wird, wird Stalin übergroßen Argwohns und permanenten Verdächtigens beschuldigt. Obwohl und weil doch der erzählte Berija-Betrug einen Argwohn nicht nur rechtfertigen sollte, sondern man diesen geradezu fordern müßte. Es war sozusagen gleichzeitig zu wenig Argwohn wie zuviel davon. Eine typisch schizophrenesische Erzählweise. Dabei wird Berija abfällig, gehässig und denunzierend tituliert, wie es ebenfalls Stalin gern vorgeworfen wird, wobei Berija den chruschtschowschen Putsch von 1953 ebenso wenig überlebte wie die angeblichen Opfer des Stählernen, die Kommandeure wie die Alt-Bolschewiki, die einfachen Parteimitglieder wie die aufgezählten Parteitagsdelegierten.

Ob es in den 1930ern Verurteilte gab, die schuldig im Sinne der Anklage und im Sinne der sowjetischen Strafgesetze waren und welchen Anteil diese hatten an der Gesamtzahl der Fälle, diese Frage taucht bei Chruschtschow als Differenzierung-Kritierium erst gar nicht auf: Die Opfer Jeschows werden Stalin seither genauso auf die Rechnung gesetzt, wie die Todesurteile gegen Jeschow und seine Mitarbeiter von 1940, die wegen der Folter und Erschießungen Unschuldiger ergangen waren. Nämlich zum Zweck der Ahndung der Verbrechen, von denen behauptet wird, Stalin habe sie begangen und unter den Teppich gekehrt. Absurditäten, Absurditäten, Absurditäten!

Und wurde Stalins Name vielen Großbetrieben und Städten ohne sein Wissen gegeben, oder wurden ohne sein Wissen im ganzen Land Stalin-Denkmäler errichtet – diese „Denkmäler zu Lebzeiten“!12

Einmal mehr wird er beschuldigt und verantwortlich gemacht für das Tun anderer. Von dem zudem behauptet wird, daß der Beschuldigte davon nicht gewußt habe. Und dann auch noch „Denkmäler zu Lebenzeiten“! Millionen von Sowjetbürgern haben offenbar nicht gewußt, daß man das nicht darf. Und nicht nur sie, auch Millionen Arbeiter und sonst Befreite im Ausland, verehrten den Stählerne und auch anderswo benannte man Straßen und Plätze und anderes nach ihm. Von den Menschen gewollt und ohne daß man den Namensgeber gefragt hätte. Also wurde derselbe „stalinistische“ „Personenkult“ auch anderswo getrieben und nicht nur in der sowjetischen Besatzungszone, und nicht nur KZ-Befreite waren so fürchterlich indoktriniert. Um es mit heutigen Worten zu sagen: Millionen waren Stalin-Trolle. Und wußten, naiv, wie sie waren, nicht, daß man das nicht dürfen sollte.

Aber niemand würde deshalb behaupten, die in Frankreich Regierenden seien schuld, und wie Stalin das angestellt haben soll oder wie er es hätte verhindern können, erfahren wir auch nicht. Und: Hätten die Franzosen Daladier oder Petain verehren sollen? Wofür? De Gaulle ja, und der wurde ja auch von den Franzosen bejubelt.

Daß dem Stählernen nicht alle dieser Würdigungen entgangen sein konnten, leuchtet ein, warum und wie er aber die Zuneigung von Millionen als Ausdruck der Freude und Würdigung des Sieges der Roten Armee hätte reglementieren sollen und können, bleibt schleierhaft. Da hätte er ja in Frankreich Diktatur, Totalitarismus gar machen müssen! Daß man in Fällen wie diesen stellvertretend den jeweils Ranghöchsten ehrt, ist eine jahrhundertealte Gepflogenheit und heute auch nicht anders. Es sei denn, der Ranghöchste will mit den Schweinereien und Verbrechen seiner Armisten nichts zu tun haben: Guantanamo, Armee-Foltergefängnisse, Drohnenmorde, Bombardierungen von Krankenhäusern und was die Ami-Mörder-Armee sonst noch alles drauf hat. Schukow und andere siegreiche sowjetischen Heerführer erhielten bei Treffen mit den westliche Waffenbrüdern unmittelbar nach Kriegsende hohe westlichen militärische Auszeichnungen. Als die ranghöchsten an diesen Treffen Anwesenden.

Und: Ob wohl alle Rockstars den weltweiten Bestand ihrer Fanclubs überschauen?

Auch diese Überredungs-Methode finden wir heute tagtäglich in der jesusdualistischen Herrschafts-Propganda: Indem nicht alle Beispiele für die Verwendung seines Namens ihm – logischerweise - verborgen geblieben sein können, ist er „überführt“, das Böse, wofür die Beispiele Beispiele sind, getan haben zu müssen. Gleichzeitig werden wir aber weder darüber aufgeklärt, ob der Stählerne die Kenntnisnahme der Beispiele jemals geleugnet hat, was ja zumindest indirekt behauptet wird und Voraussetzung für die „Überführungs“- oder „Widerlegungs“-Logik ist. Zudem wird das Böse der Namensgebung zu Lebzeiten nur mit sich selbst begründet.

Ich sage dementgegen: Es ist eine jahrhunderte-, jahrtausendealte menschliche Praxis. Das Verdikt gegen diese Praxis ist eine antisowjetische, antisozialistische Erfindung der 1950er Jahre, wie auch das Negativ-Image des sächsischen Idioms gegen die DDR in Stellung gebracht worden ist, in Umlauf gebracht in der Eröffnungsphase des kalten Kriegs. Man erfindet irgend eine Regel und zwar gemäß der Praxis des Feindes. Eine Regel, die dieser Feind möglichst nicht einhalten kann. Die Original-Nazis erklärten innerhalb der hitlerschen Staatspropaganda verschiedene Handlungen der jüdischen Religionsausübung für besonders schwerwiegend negativ. Z.B. war das Schächten, eine Voraussetzung für die Einhaltung der orthodoxen Speisevorschriften, u.a. Inhalt des Propaganda-Films „Der ewige Jude“. Gegen die DDR wurden von der westdeutschen Nazi-Propaganda bis in die 1980er die Weiterführung der Organisationsformen und -gepflogenheiten der sozialistischen Bewegung, deren Wurzeln und Ursprünge zu großen Teilen bis in das 19. Jahrhundert zurückreichten, aufs Korn genommen, da die Nazis viele von diesen gestohlen und mißbraucht hatten. Ob es nun die Turn- und Sportfeste, die Fahnensymbolik, die Pionierkleidung waren. Mit den Nazi-Filmaufnahmen der 1930er konnten die Goebbels-Zöglinge bei Ard&Zdf immer „beweisen“, die DDR führe Nazitraditionen fort und sei also totalitär. Das leuchtete ein. Mindestens wie das Gegenschneiden von alten Juden und Ratten in dem DFG-Film „Der ewige Jude“. Denn im 19. Jahrhundert, als die Arbeitersportbewegung diese Symbolik entwickelte, gab es noch keinen Film, den man nun hätte dagegen senden können. Wie hätte der Arbeiter- und Bauernstaat auf diese Traditionen und deren Symbolik verzichten können? Die Nazi- und Ami-Knechte Adenauer und Schumacher konnten dies allerdings sehr leicht und sehr gut.

Allerdings wurde die Benennung nach Lebenden später sowieso eine Praxis, die man sich immer weniger leisten konnte in dieser verfeindeten Welt, in der sich die Verratsfälle häuften und die grenzüberschreitenden Medien Umbenennungen des Nachbarstaats diskutierten. Eine Bevölkerung, ein Gemeinwesen, das eine Stadt oder einen Kindergarten, eine Schule oder einen Betrieb nach einem ihrer lebenden Helden benennen will, sollte sich einigermaßen sicher sein, daß dieser Held sich nicht demnächst oder in 10 Jahren von den Feinden des Volks und Staats kaufen läßt. Darin konnten man sich in Bezug auf Stalin, Ulbricht und Honecker 1950 noch recht sicher sein. Aber nach welchem lebenden Schauspieler oder Buchautor oder Rockgitarristen hätte man mit eben dieser Sicherheit ab den 1970ern noch irgend etwas in der DDR benennen können? Und die Benennung nach Verrat und Weggang aufrechterhalten wollen?

1Chruschtschow-Rede Seite 56

2provisorisches, ungültiges Grundgesetz; die Bumsreplik hatte, im Gegensatz zur DDR wie auch des in Weimar 1919 repräsentierten deutschen Staats, bekanntlich nie eine Verfassung und das hat sich seit 1990 auch nicht geändert.

3Der Terminus 'Deportation' ist ein typisches Beispiel für die Technik der sprachlichen Analogisierung der Hitlerei mit dem sogenannten Stalinismus, da es einer der Hauptbezeichner für den Umgang der Nazis mit den Juden ist. Wie auch – scheinbar – die Personalisierung des Hitler-Regimes mit Hitler und die SU mit Stalin. Wie 2015/16 Syrien mit Assad. Aber derart nie Brd mit Merkel, nie Usa mit Obama. Jedenfalls nicht negativ. Wie das Denken der Untertanen dadurch gelenkt wird, dürfen sie nicht reflektieren und darf nicht öffentlich diskutiert werden. So „frei“ immerhin geht es heute zu! Auch die DDR, die SED, die „Stasi“ usw. werden gern und oft mit der selben Methode sprachlich analogisiert. Mal sollen DDR-Strafgefangene Sklavenarbeit geleistet haben, was die Hitler-KZ assoziieren lassen soll, mal wird der DDR der Mißbrauch der Psychiatrie untergeschoben, was an die „Aktion T4“ erinnern soll.

4Chruschtschow-Rede, Seite 57

5Chruschtschow-Rede, Seite 58

6Chruschtschow-Rede, Seite 58

7Chruschtschow-Rede, Seite 59

8Die sogenannte 'juristische Person' ist ein Schwachsinns-Blöd-Terminus. Sie steht pseudobegrifflich der natürlichen gegenüber und suggeriert, es könne nichtnatürliche Personen geben.

9besonders „überzeugend“ waren 1990 die Rufe von 20...35 jährigen DDR-Bürgern ab Ende 1989, sie seien in der DDR 40 Jahre lang belogen worden. Ard & Zdf sendeten das besonders gern in sowohl alkoholischer wie sächselnder Aussprache. Wie viele von den damaligen Grölern heute lautstark die Lügenpresse verfluchen, darf nicht ermittelt werden.

10Siehe dazu auch: malcom.z, Was du noch nie über NSU wissen wolltest… , zu beziehen über amazon.com/createspace und amazon.com/kindle

11Grover Furr, Chrustschows Lügen, Seiten 212ff, 127ff

12Chruschtschow-Rede Seite 72